Große Ausstellung über Peter Lindbergh in der Kunsthalle München
Peter Lindbergh gehört zu den einflussreichsten Modefotografen unserer Zeit – genaugenommen schon seit 40 Jahren. Seine Fotografien sind auf der ganzen Welt bekannt und können nun im Rahmen einer Ausstellung in der Kunsthalle München bewundert werden. Über 220 Fotografien zeigen sein Werk der letzten 4 Jahrzehnte, darunter Klassiker aus den 1990ern mit den damaligen Supermodels Nadja Auermann oder Linda Evangelista. Seine Arbeiten begründeten überhaupt erst dieses Phänomen. Aber auch viele unbekannte Bilder werden in der Ausstellung gezeigt – darunter persönliche Notizen, Storyboards, Requisiten, Polaroids, Kontakt-Abzüge, Filme und großformatige Drucke.
Seine Werke zeigen keine dummen, oberflächlichen Modepüppchen, sondern starke, ausdrucksstarke Frauen, von der Femme Fatale bis zur Heldin; aber auch Tänzerinnen und Schauspielerinnen. Für sein Werk sind Porträts bestimmend, die Unbefangenheit und körperliche Anmut ausstrahlen. Lindbergh revolutionierte damit die Bildsprache der bekannten Magazine und Mode-Labels und führte mit seinen meist schwarz-weißen, den flüchtigen Moment einfangenden Fotografien einen neuen Realismus in die Modefotografie ein, deren Entwicklung er seit den 1980er-Jahren maßgeblich mitbestimmte.
Diese Ausstellung bietet keinen chronologischen, sondern einen thematischen Überblick. Die Besucher können die Welt von Peter Lindbergh erkunden, seinen einmaligen Blick auf jene Themen kennenlernen, zu denen er immer wieder zurückkehrt, aber auch solche Werke entdecken, die zusammen mit anderen Künstlern wie Pina Bausch oder Jenny Holzer entstanden. Zudem beleuchtet die Ausstellung die Bedeutung des Menschlichen in Lindberghs Werk. Sie verrät viel über seine Werte und über seine Einstellung zu Alter, Schönheit und Weiblichkeit sowie zu großen gesellschaftlichen Fragen. Dabei wird auch Lindberghs grenzenlose Kreativität und Imaginationskraft in seinen Fotos offensichtlich.
Kurator Thierry-Maxime Loriot
Peter Lindbergh – Die Ausstellung
Die Ausstellung „From Fashion to Reality“ ist eine Hommage an Lindberghs facettenreiches Leben und zeigt seine künstlerische Entwicklung anhand der Themen, die er über die Jahre mit besonderer Leidenschaft verfolgte: „Supermodels“, „Couturiers“, „Zeitgeist“, „Tanz“, „Die Dunkelkammer“, „Das Unbekannte“, „Silver Screen“ und „Ikonen“.
Supermodels
Naomi Campbell, Linda Evangelista, Kate Moss, Christy Turlington und Tatjana Patitz gehören Dank Peter Lindbergh heute zu der Riege der legendären Supermodels der 1990er-Jahre. Lindbergh fotografierte sie aber schon in den späten 1970ern und den 1980ern als sie noch jung unbekannt waren. Heute reichen ihre Vornamen und jeder weiß, wer gemeint ist.
Die Ausstellung zeigt zudem Hintergrundwissen von der Wiedervereinigung der Supermodels 25 Jahre später. Das nachgestellte Foto wurde in der italienischen Vogue im September 2015 veröffentlicht.
Couturiers
Nicht nur Models standen vor der Kamera des berühmten Fotografen. 1978 nahm Lindbergh einen Auftrag des Stern-Magazins an und porträtierte bekannte Couturiers wie Yves Saint Laurent, aber auch junge angesagte Designer wie Giorgio Armani oder Thierry Mugler. Seitdem war er aus der Modewelt nicht mehr wegzudenken. Natürlich gehörten auch deutsche Modegrößen wie Karl Lagerfeld, Jil Sander und Thomas Maier und weitere internationale Designer wie Azzedine Alaïa, Jean Paul Gaultier und Rei Kawakubo von Comme des Garçons.
Tanz
Tanz ist eine der Hauptinspirationsquellen, die Lindbergh immer wieder in seine Modefotografie einfließen ließ. Es gibt diverse Serien, die die visuelle Geschichte des Tanzes darstellen.
Basis hierfür waren Auseinandersetzung mit berühmten Choreografen und Tänzern, darunter Sergei Diaghilev, Georges Balanchine oder Blanca Li sowie die Ensembles vom Bolschoi Ballett, dem Berliner Staatsballett und dem New York City Ballet.
Zeitgeist
Eine humanistische Haltung und ein spielerischer Umgang mit Männlichkeit und Weiblichkeit prägen die Arbeiten Lindberghs. Damit widersprach er den rigiden Konventionen des Mode-Business. Diese Auseinandersetzung mit geschlechtlichen und politischen Fragen wird im Kapitel „Zeitgeist“ versammelt. Er inszenierte eine Antikriegsdemonstration mit dem Titel „Give Peace a Chance“ und Models für Harper’s Bazaar im Jahre 2004. Ähnliches wurde für die italienische Vogue 2014 produziert. Diese Serie trug den Titel „A New Age“.
In Zeiten exzessiven Retuschierens bevorzugt Lindbergh natürliche Schönheit. Er betont die Persönlichkeit seiner Modelle anstatt sie auf ihr äußeres Erscheinungsbild zu reduzieren. In einem Interview erklärte er 2014:
Darin sollte heute die Verantwortung der Fotografen liegen: Frauen und letztlich jedermann vom Terror des Jugend- und Perfektionswahns zu erlösen.
Peter Lindbergh
Das Unbekannte
Lindbergh nutzte die Modefotografie, um Geschichten zu erzählen. Oftmals gleichen seine Fotografien Film-Stills, die mit ihrer Momenthaftigkeit den Betrachter dazu anregen, sich eine Story vorzustellen, die hinter dem Dargestellten liegt. Das Kapitel „Das Unbekannte“ bezieht sich auf Lindberghs Faszination für Science-Fiction-Filme. Gezeigt wird u.a. seine berühmte Serie von 1990 mit dem dänischen Model Helena Christensen und der Schauspielerin Debbie Lee Carrington.
Silver Screen
Das Kapitel „Silver Screen“ zeigt die filmischen Einflüsse in Lindberghs Werk. Als filmische Vorbilder dienten die Maschinenräume aus Fritz Langs „Metropolis“ ebenso wie das Kabarett aus Josef von Sternbergs „Der blaue Engel“ und die Filmsets von Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ oder „Psycho“. Aber auch die Industriearchitektur als Setting wird gern genommen. Mit dieser ist er praktisch in Duisburg aufgwachsen.
Ikonen
„Fotograf der Wahrheit“ oder „Poet des Glamour“ sind Spitznamen, die Lindbergh von der Presse verliehen bekommen hat. Er selbst sieht seine Arbeit eher als antiglamourös. Seine Bilder zieren weder Anzeichen von sozialem Status noch arbeitet er mit Hierarchien in seinen Fotos. So gelingt es ihm immer wieder die wahrhaftigen Momente einzufangen. In dem Kapitel „Ikonen“ treffen Besucher der Ausstellung auf etliche Größen der Popkultur der letzten vierzig Jahre, u.a. auf Kate Winslet, Charlotte Rampling, Eddie Redmayne, Christoph Waltz, Tina Turner und Pharrell Williams.
Die Ausstellung findet vom 13. April – 27. August 2017 in der Kunsthalle München statt. Des Weiteren erschien passend zur Ausstellung ein knapp 500-seitiger Band im Taschen-Verlag.
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